Freitag, 17. April 2015

Gesucht: Die beste Fahrradzeitschrift. Test der wichtigsten Bike-Magazine. Eine Blattkritik

Winterzeit gleich Lesezeit! Mehr als ein Dutzend deutschsprachige Fahrrad-Magazine buhlen um Leser - trotz Printkrise. Ein umkämpfter Markt, auf den sich trotzdem immer wieder Newcomer wagen. Doch welches ist die beste Zeitschrift für Fahrradfahrer? Wer macht das beste Heft? Wo liegen die Themen-Schwerpunkte? Ich habe neun wichtige Titel nach objektiven wie subjektiven Kriterien geprüft und (m)einen Testsieger gekürt.
Wenn es dunkel ist draußen und kalt, liege ich oft auf der Couch und schmökere. Gerne in Büchern. Noch lieber in Fahrradzeitschriften. Bei der Auswahl bin ich Spontankäufer; ein Abo für ein Radmagazin besitze ich nicht. Darum lösen Titelseite und Inhalt, den ich vorm Kauf am Kiosk meist überfliege, bei mir den wichtigsten Kaufanreiz aus.
 Breites Angebot
Den Zeitschriften-Test wollte ich systematisch angehen und bin dafür in den riesgen Kiosk am Hamburger Hauptbahnhof gegangen. Im Regal mit den Sport-Gazetten liegen auch jede Menge Velozeitschriften für jedes Spezialgebiet - vom BMX-Titel bis zum E-Bike-Kaufberater. Erste Erkenntnis: Bei der Präsentation haben - zumindest in dieser Verkaufsstelle - alle Fahrrad-Zeitschriften gleiche Chancen. Kein Titel wird hervorgehoben, keiner hat eine eigene, prominente Auslegefläche wie Generalisten a lá Kicker oder Sport Bild.
 Großeinkauf
Etwas versteckt finde ich meine Beute: Insgesamt acht aktuelle Titel mit Erscheinungsangabe 1/2015 (oder bei zweimonatiger Erscheinungsweise 1-2/2015) schleppe ich zur Kasse. "Macht 51,50 Euro", sagt der Kassierer trocken. Mann, bei der Summe könnte der Typ echt begeisterter sein, finde ich. Für die Kohle kriegt man immerhin schon zwei ordentliche Fahrradreifen. Egal, ich zahle und verlasse den Bahnhof mit mehreren Kilo Papier in einer weißen Plastiktüte.
Die Sortierung
Logisch, bei Bike-Zeitschriften geht es ums Fahrrad und Fahrradfahren. Trotzdem lassen sie sich in sechs Themengebiete unterteilen:
A. Rennrad-Zeitschriften
B. Blätter für Alltags- und Reiseradler
C. Fixie-, Style- und Radkultur-Magazine
D. Mountainbike-Zeitschriften
E. BMX-Titel
F. Pedelec/E-Bike-Zeitschriften

Bei meiner Analyse beschränke ich mich auf die ersten drei Gruppen. MTB- und BMX-Titel sowie Pedelec/E-Bike-Zeitschriften unterziehe ich später wahrscheinlich einer gesonderten Betrachtung.


Die Rennrad-Zeitschriften: Tour, Roadbike, RennRad
Die Titel für die Fans der schnellen Fahrradfortbewegung sind beliebt und erzielen stattliche Auflagen. Das hat historische Gründe. Radsport gibt es quasi so lange wie das Fahrrad selbst. Mega-Events wie Tour de France und der Jan-Ulrich-Hype verschafften auch den Zeitschriften mit diesem Spezialgebiet parallel zum Rennrad-Boom reichlich Kundschaft. Dann kamen die Doping-Enthüllungen, der tiefe Fall von Ulrich und vielen anderen Profis. Damit gingen auch die Auflagen von "Tour" und Co zurück. Inzwischen verkauft sich der MTB-Schwestertitel "Bike" - beide stammen aus dem Delius-Klasing-Verlag -  deutlich besser als die "Tour". Im Kampf gegen die viel später gegründeten Titel Roadbike und RennRad hat die Tour aber nicht nur auflagenmässig noch immer die Nase vorn.

A. Die Klassiker

1. Tour
Verlag: Delius Klasing Bielefeld
IVW-Auflage: 55530 im 4. Quartal 2014

Wie steif ist Dein Lenkkopf? Was? Das weißt Du nicht? Dann bist Du kein Tour-Leser! Denn Tour bedeutet Test. Es ist das Hauptthema in Deutschlands meistgelesener Rennradzeitschrift. Meistens zumindest. Auf dem Titel findet sich immer ein hartes Testthema.

In der Januar-Ausgabe sind es "Maßrahmen aus Carbon" - ein typisches Winterthema. Was zum träumen eben. Etwa vergleichbar mit einer Autozeitschrift, die einen Vergleichstest mit Aston Martin, Ferrari und Bentley in der 200.000-Euro-Liga-bringt. Der Titel ist aufgeräumt gestaltet. Auf dem dunklen "Winter-Fond" wirkt die orangefarbene Schrift freundlich und ist gut lesbar. Klare Textblöcke erleichtern die Orientierung.

Das Heft hat fünf Ressorts:
-Teile, Test & Technik
-Profis & Co.
-Hobbysport
-Fitness & Training
-Touren & Reisen

Fast alle Rubriken tragen das &-Zeichen. Ein schönes Konzept. Aber warum fehlt es bei "Hobbysport"? Die Lösung wäre einfach: "Hobbysport & Veranstaltungen".

Toll ist der Hefteinstieg mit zwei großen Fotos und dazu jeweils ein kurzer Erklärtext. Das zieht den Leser rein und hat im Fall von Heft 1/2015 sogar noch eine politische Dimension. Das erste Bild zeigt Aufräumarbeiten auf der heruntergekommen Radrennbahn in Kiew. Ein Zeichen der Hoffnung in der gebeutelten Ukraine. Beim zweiten Bild - einen einsam auf verschneiter Landstraße trainierenden Rennradfahrer - hätte ich mir den Hinweis gewünscht, wo das Bild entstand. Norwegen? Kanada? Schwäbische Alb? Man erfährt es leider nicht.

Lobenswert ist, dass Tour bei der Auswahl der Leserbriefe erstaunlich viele kritische Stimmen veröffentlicht. Diese Größe hat nicht jeder. 

Die erste große Geschichte beschäftigt sich mit dem Berliner Sechstagerennen. Überschrift: Sieben Menschen für sechs Nächte. Eigentlich eine schöne Überschrift, wenn ich denn sieben Menschen sehen würde. Sehe ich aber nicht. Stattdessen sitzt ein Typ im Holzoval, dahinter balanciert ein Rennfahrer auf seiner Bahnmaschine. Nee, das geht besser. Bei der Zeile hätte ich gerne alle sieben Beteiligten auf einem gemeinsamen Foto gesehen. Oder die Texter hätte eine andere Überschrift zu dem Bild gewählt.

Die Sechstage-Siebenmenschen-Story steht übrigens in der Rubrik "Profis & Co", was beweist, dass Tour den Berufs-Rennradfahrern immer noch Zugkraft beimisst. Allerding zeigt schon der Rubrikname eine gewisse Hilflosigkeit mit der Einordnung des Profisports ins Heftkonzept. Der Zusatz "& Co" soll das Themengebiet offenbar aufweiten. Für mich klingt das etwas ratlos. Was ist mit "& Co" gemeint? Halbprofis? Nachwuchsfahrer? Doping?

Schon der Heftname ist ja eine Assoziation mit dem wichtigsten Sportereignis der Radrennfahrer: der Tour de France. Heft-Titel 10/2013 zeigt zum Beispiel Marcel Kittel. Nur Marcel Kittel. Der Profi ist das einzige Bild auf dem Cover. Ich finde das mutig und es beweist die Hoffnung, dass Berufssportler wieder oder immer noch ziehen. Bin gespannt, ob demnächst San Rema/Paris-Roubaix-Doppelsieger Degenkolb auf den Titel wandert.

Tour 1/2015 berichtet auf drei Seiten über die Cross-EM und patzt bei der Aufmachung erneut mit einer Text-Bild-Schere. Der Aufmacher zeigt eine zügig im Gelände fahrende Athletin. Darunter steht die Titelzeile "Festgefahren". Da habe ich wenig Lust, weiter zu lesen, tue es dann doch und finde mich in einem kritischen und damit sehr journalistischem Text wieder. Der Autor schreibt lebendig mit vielen guter Zitaten über das Dilemma des Cross-Sports in Deutschland. Im Fokus der Kritik steht der BDR, der die Disziplin zu wenig fördert. Wenn die Fotoredaktion nun auch noch ein Bild gefunden hätte, das einen im tiefen Schlamm feststeckenden Crossfahrer zeigt, wäre das Stück fast perfekt.

Weniger gut finde ich die ausführlichen Berichte über das Karriereende von Cadel Evans und Andy Schleck. Ist das wirklich relevant? Immerhin stammt das Evans-Stück von einem Wegbegleiter - ein gekonnt geschriebenes Portrait. Gleiches gilt für die Story über den Canyon-Gründer Roman Arnold. Mir gefällt die Tour-Aussgabe 1/2015 besonders deshalb, weil es quasi ein Portrait-Sonderheft ist. Überall stehen Menschen im Vordergrund. Man erfährt viel über Charaktere, erst in zweiter Linie etwas über Rennräder. Das macht das Heft lebendig und lesenswert. Leider, leider sind die Fotos in der Canyon-Story total langweilig. Und warum die Firma Canyon heißt, erfahre ich leider auch nicht.

Weniger Platz kriegt das Ressort "Hobbysport". Schade, denn hier finden sich sehr lesenswerte Berichte. Im Januar-Heft ist es eine Reportage über einen Radmarathon in Japan. Das macht wirklich Spaß zu lesen und anzugucken. Die Veranstaltung fand in der Provinz Hiroshima statt und begeistert mit schönen Fotos; einzig etwas mehr Hintergrund über die Geschichte von Hiroshima halte ich für angebracht. Dass in dem Gebiet, in dem einst die Amerikaner eine Atombombe abgeworfen haben, heute faszinierende Rennrad-Events statt finden, hätte zumindest eine Erwähnung verdient.

Gut ist auch der Versicherungsvergleich. Wen so etwas interessiert, bekommt hier einen hilfreichen Service geboten. Besonders gut gefallen hat mir die "Typenkunde der Rollentrainer". Hier hat die Redaktion aus der Not eine Tugend gemacht. Statt die Strecke mit langweiligen Studio-Aufnahmen von Rollentrainern oder echten Fotos zu bebildern, hat sie lustige Karikaturen gewählt. Das sieht so lustig aus, dass ich versucht bin, die Motive auszuschneiden und einigen Zeitgenossen an ihren Lenker zu kleben. Darum wäre es toll, solche Motive auch als A3- oder A4-Poster bestellen zu können - vielleicht als kostenpflichtigen Download auf der Tour-Internetseite...

Abgerundet wird das Heft durch Touren- und Reistipps. Dieses Mal ist eine mehrseitige Liebeserklärung an Sardinien. Zu lesen gibt es einen informativen, gut geschrieben Text bebildert mit tollen Landschaftsfotos. Nur leider wurde das Stück etwas lieblos layoutet. Da hätte ich mir eine kreative, kundige Hand gewünscht.

Fazit:
Ein profesionell gemachtes Heft mit mehr Stärken als Schwächen. Für 4,80 Euro bekommt der Käufer einen breiten Rundumschlag durch die moderne Rennradwelt. Das Heft bietet viele Infos, übt Kritik und löst Kaufreize aus. Handwerklich dürften die Überschriften treffender sowie Fotos und Layout kreativer sein.


2. Roadbike
Verlag: Motorpresse Stuttgart
IVW-Auflage 31461 im 4. Quartal 2014:

Die Nummer zwo nach Auflage versucht sich durch eine moderne(re), frischere Blattmache vom Konkurrenten abzuheben. Bei den Testthemen entsteht der Eindruck, Roadbike möchte die Tour gerne abhängen. "Die 20 wichtigsten 2105er-Modelle", heißt es etwas marktschreierisch auf dem Titel. Außerdem greift die Redaktion gern zu Superlativen: die besten, die leichtesten, die schnellsten, die komfortabelsten... Roadbike macht damit eher auf Boulevard-Titel - laut, hektisch, schnell.

Ich finde, der Titel wirkt unruhig und überladen. Es fehlt die klare Blickführung und die Fokusierung auf den Heftschwerpunkt. Dahinter steckt wahrscheinlich die Hoffnung, mit möglichst vielen Themen auch möglichst viele Leser anzusprechen. Klein an den Rand gepresst wirbt darum auch noch ein Scheibenbremsen-Thema um Aufmerksamkeit. Mir gefällt das nicht so gut; weniger, wäre mehr.

Mit großen Fotos und den wichtigsten Ereignissen ist der Hefteinstieg gelungen. Da kann das Auge drüber wandern, ohne das es langweilig wird. Der Themenmix ist vielfältig - vom Klapprad-Worldcup bis zu Vincenzo Nibali. Einzige Kritik: Ich finde die Bildauswahl zu wettbewerbslastig.

Eine schöne Idee ist die Rubrik "Dauerbrenner", in der Leser treue Lieblingsteile und -zubehör vorstellen. Das dürfte für meinen Geschmack gern üppiger rüberkommen. Es folgt der große Rennrad-Test mit jeder Menge technischer Messwerte, Grafiken und Details. Im Prinzip die gleiche Machart wie bei Tour - ein Freakthema für diejenigen, die bei Rennrädern auf dem Laufenden sein wollen.

Viel Nutzwert bietet der Standpumpen-Test. Immerhin acht Produkte wurden anhand von sieben Kriterien labormässig geprüft - ein schöner Service, der gern noch üppiger hätte ausfallen können. Nirgends ist erwähnt, dass acht Pumpen getestet wurden. Das ist zu bescheiden verkauft. Wer's gelesen hat, weiß welche Pumpe er kaufen muss.

Misslungen ist die Doppelseite über Multifunktionstücher - keine Überschrift , schwer lesbarer Text, da blättere ich schnell weiter, denn die Optik erinnert fast an eine Anzeige. So geht es mir auch bei der Aufmachung für die Rollentrainer-Kaufberatung.  Wie Tour räumt Roadbike diesem typischen Winter-Thema reichlich Platz ein  - ist dabei allerdings deutlich langweiliger. Text und Detailfotos dominieren. Das Ganze wirkt zu statisch und damit langweilig.

Weiter geht es mit dem "perfekten Trainingslager". Ein Thema für sehr ambitionierte Hobbysportler. Spaß auf dem Rennrad wird mir hier zu sehr auf die reine Leistungsorientierung reduziert - schade. Da passt es ins Bild, dass es anschließend mit zweifelhaften Profis wie Alberto Contador weiter geht. Kritik? Eher nicht. Wer die Strecke liest, glaubt anschließend, dass bei den Profis alles in Ordnung ist. Wäre ja schön, ist es aber leider nicht. Eine kurze Bestandsaufnahme, wie es 2014 ums leidige Thema Doping bestellt ist, wäre angebracht gewesen.

Bildstark geht es Richtung Heftende zu. Tolle Fotos aus Kalifornien laden im ungemütlichen Januar zum Träumen ein. Die große Aufmachung mit zwei Rennradfahrern am Pazifik ist für mich das schönste Foto im ganzen Heft. Dazu passt die Überschrift "Cruzin Calfornia" prima. Das macht Lust auf den Sommer und auf die Lektüre der Story. Doch leider kann der Text nicht halten, was die großartigen Bilder versprechen. Abgegriffene Floskeln und sprachliche Ungenauigkeiten verderben den Lesespaß. Da ist mehr drin.

Die Story dahinter - Fernziel für den Rennrad-Winter - ist im Prinzip nicht schlecht, kommt aber zu spät. denn wir sind mitten im Winter. Nur wenige sind so spontan, dass sie jetzt eine Rennradreise nach Thailand oder Kuba buchen. Na ja, vielleicht ist sie ja vorausschauend für den Januar 2016 platziert.

Wenig zu mäkeln habe ich an der Hamburg-Doppelseite in der Rubrik Reise. Hier wird der Alsterwanderwanderweg als beliebte Crosser-Strecke vorgestellt. Einzig das Aufmacher-Foto - es zeigt die Alsteridylle an Bodos Bootssteg - will nicht so gut passen. Dafür ist die Überschrift "Nah am Wasser" perfekt gelungen, weil es ja tatsächlich am Alsterwanderweg immer am Wasser lang geht.

Üppig folgt die Scheibenbrems-Geschichte, die Hobbyschrauber gut über Technik und die einzelne System informiert. Da bleiben kaum Fragen offen.

Lehrbuchmässig folgt zum Heftende dann noch ein echtes Highlight: Strandrennen an der holländischen Nordseeküste. Schöne Fotos und ein gut geschriebener Text machen echt an. Und zwar so, dass ich mich frage, warum es das nicht auch - zumindest im kleinen Rahmen - auch in Deutschland gibt. Die Anregung hätte gern im Text stehen  können. Oder besser noch ein Kommentar.

Der folgt eine Seite später mit einer kritischen Anmerkung zum Anti-Doping-Gesetz. Dann also doch. Danke Roadbike.

Fazit:
Der Konkurrent der Tour sucht sein Heil in einer bunt-boulevardesken Aufmachung. Ein Heft mit Höhen und Tiefen. Ausgabe 1/2015 hat mehr downs als ups und verliert den direkten Vergleich gegen die Tour deutlich. Offenbar bietet der deutsche Markt Platz für zwei große Rennradzeitschriften. Welche man kauft, sollte man von Heft zu Heft entscheiden. Roadbike wirbt mit dem Claim "Faszination Rennrad". So ganz einlösen kann das Heft diesen Anspruch nicht, dafür fehlt es hier und da an Überraschungen und Kreativität.


3. Rennrad
Verlag: BVA BikeMedia GmbH
IVW-Auflage: Wird nicht erfasst

Nummer drei im Markt ist ein Fragezeichen. Brauchen wir wirklich eine dritte, große Rennradzeitschrift in Deutschland? So sachlich wie der simple Name des Titels ist auch das Konzept von "Rennrad": Inhaltverzeichnis und Heftstruktur folgen einer klaren Gliederung:
-Jedermann
-Test&Technik
-Peloton
-Reise

Gut so, ich finde das angenehm fürs Auge. Viel zu oft übernehmen Zeitschriften die aus dem Fernsehen bekannte Hektik. Rennrad ist da ein Ruhepol, ein Heft, dass eine gewisse Unaufgeregtheit ausstrahlt, aber für meinen Geschmack die falschen Schwerpunkte setzt. Die liegen klar auf ambitionierte, ehrgeizige Radsportler. Vielseitig interessierte Genussfahrer kommen zu kurz, dürften für eine Zeitschrift aber das größere Leser-Potential haben.

Gleich zehn Geschichten der Ausgabe 1/2-2015 beschäftigen sich mit Jedermann-Sport und den Profis. Dabei macht die Überschrift "Hobbysport?" durchaus darauf neugierig, ob die Jedermannrennen denn überhaupt noch für Hobbysportler gemacht sind oder doch eher für Semi-Profis. Ein klare Antwort auf die Fragezeichen-Überschrift bleibt die Redaktion seinen Lesern aber schuldig.

Wer aufs Podium will und Pokale sammelt, ist bei RennRad richtig. Kein Wunder also, dass Ski-Langlauf als Alternativ-Training samt Interview mit Olympiasieger Michel Greis ausführlich empfohlen wird. Verstärkt wird der Eindruck, eine Fachzeitschrift für Profis oder diejenigen, die gerne welche wären, zu lesen, durch Erfahrungsberichte von gesponsorten Jedermann-Teams - einfach nicht mein Ding, weil langweilig und nur für die direkt Betroffenen interessant.

Enttäuscht hat mich auch das Jens-Voigt-Portrait zu seinem Karriereende. Natürlich darf man den deutschen Profi feiern, aber mir ist die Story einfach zu unausgewogen. Der Mann hat viel geleistet im Sattel, ist ein Charakterkopf, aber er fuhr in Zeiten des tiefsten Dopingsumpfs ausgerechnet in Teams, die besonders in der Kritik standen. Wenigstens eine ambivalente Voigt-Erwähnung, zum Beispiel von seinem Ex-Teamgefährten Tyler Hamilton, hätten dem Portrait gut getan. Statt dessen wird nur gejubelt.

Fazit:
Rennrad steht tief im Schatten von Tour und Roadbike. In Sachen Professionalität, Relevanz und Lesespaß kann das Blatt nicht mithalten. Zielgruppe sind sehr ehrgeizige Sportler; für den reinen Hobbyfahrer ist das Blatt weniger spannend.

B. Für Reise und Alltagsradler mit Fernweh und Tatendrang

1. TrekkingBike
Verlag: Delius Klasing Verlag
IVW-Auflage 4. Quartal 2014: Wird nicht erfasst

Eine Nische die wächst: Ein Trekkingrad fahren Reiseradler und Alltagspendler, die ein praktischen und solides Rad erwarten. Ihnen bietet TrekkingBike interessante Neuheiten, Tests und Zubehör-Übersichten. Reine Sportradler kriegt der Leser nicht zu Gesicht, sondern eher funktionsbekleidete Radwanderer und Genussradler, die auf robusten Rädern sitzen und meist höheren Preisregionen entstammen.

Das Heft hat viel Nutzwert und bietet viele Anregungen und Produktvorstellungen. Für einen breit interessierten Alltagsradler ist das Themenangebot vielleicht etwas zu spitz. 


2. Aktiv Radfahren
Verlag: BVA Bike Media GmbH
IVW-Auflage 4. Quartal 2014: Wird nicht ausgewieen



Sehr gut gemachtes Blatt, dass sich mit sportlichen Fahrrädern und -touren beschäftigt. Dazu gibt es Vorstellungen von Kleidung und Zubehör. Ich mag den Titel, weil er breiter aufgestellt ist als die reinen Rennradzeitschriften. Ein Blick da rein ist immer spannend und bietet zum Teil guten Lesestoff.








C. Für urbane Hippster, Puristen, Fashion Victims und Velosophen


1. Spoke
Verlag: Paranoia Publishing Group 
IVW-Auflage 4. Quartal 2014: nicht ausgewiesen



Du magst Fixies, Singlespeeds und juvenile Klamotten? Dann möchte Spoke Dir Lesestoff bieten. Es ist ein sehr nischiges Blatt, dass da in Wuppertal gemacht wird. Ein kleines Team bringt zweimonatliches Heft für Fans stylischer Minimalräder heraus. Leider nerven hier und da handwerkliche Fehler wie Texte die kaum lesbar sind, weil sie sich zu wenig vom Hintergrund abheben. Auch bei so manchem Thema muss man schon sehr begeisterungsfähig sein, um mit Spoke glücklich zu werden. Trotzdem schön, dass so ein spezielles Spezialmagazin gibt.




2. Cycle
Verlag: Wieland Verlag GmbH
Auflage 4. Quartal 2014: nicht ausgewiesen





Der Newcomer: Cycle zielt in eine ähnliche Ecke wie Spoke, stellt sich aber breiter auf. Die urbane Fahrradkultur wächst. Diese Zielgruppe bedient Cycle mit schicken Stadträdern verschiedenster Art. Ob neue Riemenantriebsbikes oder moderne Falträder - Produktvorstellungen nehmen den vorderen Heftbereich ein. Hinten dominiert eine längere Klamotten-Strecke. Dazwischen gibt es viel Zubehör, Reportagen und Neuigkeiten aus der großstädtischen Fahrradszene. Auffällig ist, dass Cycle manchmal wie ein Berliner Fahrradszene-Magazin daherkommt. Es ist unübersehbar, dass das Blatt in der Hauptstadt gemacht wird. Das Layout wirkt hier und da etwas zu statisch. Außerdem dominieren Hersteller-Fotos viele Geschichten; da wünsche ich mir mehr Aufwand und Vielfalt. Zumal der Preis von 6,80 Euro ziemlich selbstbewusst gewählt ist. 





3. Fahrstil

Verlag: fahrstil Medien GmbH
Auflage 4. Quartal 2014: nicht ausgewiesen



Zum Schluss noch ein Glanzstück: Fahrstil! Das Heft ist ein echtes Pfund und für überzeugte Fahrradfans gemacht, die es gern philosophisch und auch mal abseitig mögen. Das Blatt kostet stolze 15 Euro, ist dick und fühlt sich hochwertig an - ein typisches "Coffeetable-Mag".  Das Ding wiegt fast ein halbes Kilo und erscheint einmal im Quartal. Jedes Mal steht ein Schwerpunkt-Thema wie "Vortrieb" oder "heiß" im Vordergrund. Das muss man mögen und erschließt sich nicht jedem. Der journalistische Ansatz ist jedenfalls ungewöhnlich und mutig. Das finde ich gut. Noch besser ist das innovative Layout, das nicht von einem Art Director, sondern einer künstlerischen Leiterin verantwortet wert. Toll! Wer ungewöhnliche Gestaltung und eine philosophische Themenbetrachtung mag - kaufen!

Abseitiges!


Und hier noch ein Exot: Ich bin Mitglied bei den Moultoneers, also der Gemeinschaft der Moulton-Fahrer und -fans. Für einen geringen Jahresbeitrag bekomme ich regelmässig "The Moultoneer". Ein typisch schräges, britisches Magazin - herrlich.











Und was macht man nach einem Gläschen Rotwein, wenn einem nichts mehr zum Thema Fahrrad-Zeitschriften einfällt? Nun, man nimmt die beiden Blätter für Gewichts-Fetischisten - Roadbike und Tour - und wiegt sie. Der Sieger: Roadbike. Das Blatt wiegt nur 260 Gramm und ist damit einen Tick leichter als Tour. In diesem Fall ist geringes Gewicht allerdings ein fragwürdiges Kriterium, schließlich scheint Tour das schwerere und damit bessere Papier zu haben.

“You don’t want to give people what they want. Give them something they didn’t know that they wanted.”
Ruth Reichl, former editor of Gourmet.

4 Kommentare:

  1. Ich kann Rad-Tests & Produkt Features sowie Tourenvorschläge in Tour & RoadBike nicht mehr ab! Ich hatte beide Magazine testweise abonniert. Mich interessiert, was Leute antreibt, Rad zu fahren oder sich zu engagieren und was sie begeistert. Online Blogs wie z.b. pandacycles.de ist für mich im Vergleich zu Print eine echte Alternative.

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  2. Hallo, weil ich nirgends eine Kontaktmöglichkeit gefunden habe ... Du hast Du mal wg. fahrradkino geschrieben ... hast Du da den Kontakt zum Verleiher der Technik in Wismar (oder vielleicht näher im Süden) ... ich suche gerade noch ;o) ... Danke und grüße in den Norden ...

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    1. Hallo Tobias! Danke für Deine Nachricht. Vielleicht sollte ich an geeigneter Stelle mal eine Kontaktadresse einpflegen. Gerne beantworte ich Deine Offtopic-Nachfrage darum an dieser Stelle. Die Betrieber des mobilen und ausleihbaren Fahrradkinos erreichst Du hier: http://www.radkino.de/
      Des weiteren gibt es noch die Fahrraddisko, die ebenfalls mit Fahrräder Strom für Konzerte etc. erzeugt; Kontakt: http://www.morgenweltrocks.de/#

      Ich hoffe das hilft Dir. falls Du eine Aktion in der Richtung planst, lass es mich bitte wissen.
      Gruß
      Jörg

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  3. Great tips, many thanks for sharing. I have printed and will stick on the wall! I like this blog. Fixie Bike Kaufen

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