Mittwoch, 5. März 2014

BMW propagiert Fahrräder: Ein Autobauer geht mit der Zeit



Ramón ist Stadtplaner in Sevilla, einer der aufstrebendsten Fahrradstäde Europas. Die andalusische Hauptstadt rangiert auf Platz 4 im renommmierten Copenhagenize Index der fahrradfreundlichsten Städte. Ramón ist das noch nicht genug. Sein Ziel: die City Infrastruktur noch radfreundlicher zu gestalten. "Man fühlt sich gesünder, aktiver, ausgeglichener, wenn man mit dem Rad unterwegs ist. So geht es nicht nur um die Infrastruktur, sondern um glücklichere Einwohner Sevillas.

Ramon, Stadtplaner in Sevilla
Wer schreibt so etwas? Sevillas Bürgermeister? Der ADFC? Die Grünen? Greenpeace? VCD? Alles falsch! Der Text stammt von BMW und steht auf der offiziellen Internetseite. Ich finde das mehr als bemerkenswert.
Ein Autobauer also bekennt sich hier offensiv zum Fahrrad. Ein Unternehmen, das von Blech und PS lebt. Eine Firma, die weltweit motorisierte Premiummodelle produziert und vermarktet. Und nun das! Ein ausdrückliches Lob für das Fahrrad als Mittel zur Verbesserung unserer Lebensqualität. Zwar wird damit die BMW-eigene Fahrradpalette beworben. Aber auch das allein schon ist spannend. Vor ein paar Jahren noch wäre so etwas undenkbar gewesen. Applaus bitte!

BMW ist nicht nur für mich der innovativste Autobauer, sondern schaut dabei auch über den Tellerrand und in die Zukunft. Klar, auch Mercedes, Audi, VWund andere haben Fahrradmodelle im Programm, Smart sogar ein eigenes E-Bike. Doch so offensiv wie BMW hat sich noch kein anderer Autobauer zum Fahrrad bekannt.

Was steckt dahinter? Die ehrliche Sorge um die Lebensqualität in den staugeplagten Großstädten? Ein Beitrag zur Abgasvermeidung? Ein Bekenntnis zu alternativer Mobilität? Oder einfach nur schnöde Lifestyle-PR? Ich fürchte es ist überwiegend Letzteres. Trotzdem finde ich das gut, weil es eine Wirkung hat. Und wenn die anderen Motive nur ein ganz kleines bisschen bei der BMW-Kampagne mitspielen, ist auch das ein gutes Zeichen.

Das Fahrrad das der gute Ramon da so stylisch unterm Arm klemmen hat, ist das Cruise Bike aus dem BMW-Shop für 899 Euro. Ich denke es wird mehrheitlich von Besitzern teurer SUV wie X3 und X5 als Lifestyle-Produkt erworben, mit der sie ein wenig in der Freizeit umher fahren. Der konsequente Alltagsradler, der mit dem Rad bei Wind und Wetter tatt mit dem Auto zur Arbeit fährt, dürfte sich eher nicht in der primär angesprochenen Klientel befinden. Dennoch: Ich finde gut, dass BMW hier voran geht und das Image des Fahrrads positiv beeinflusst.

Wer sich weiter durch die BMW-Seite klickt, landet unter anderem bei Evgueni Maslov, der für BMW eine E-Bike designt hat. Mit seinem Bullneck-Stil soll es an Motorräder erinnern. Preis: 2699 Euro und damit eine typische BMW-Premiumforderung. So ganz falsch kann die oft kritisierte Smart-Strategie mit dem E-Bike also nicht sein. BMW macht nicht so viel Tam-Tam darum, bietet aber nun also ebenfalls eines an.

Damit nicht genug: BMW bemüht auch Wilson Ly aus Bremen für seine Fahrradkampagne. Ly ist ein selbstständiger Radkurier und damit eigentlich der Gegenpol zu typischen Klientel der BMW-Limousinen, Sportwagen und SUV.

Portrait
Wilso Ly Radkurier in Bremen
„Wenn ich mein Bike durch die Straßen steuere und völlig in den Verkehrsfluss eintauche, ist das für mich eine Art Meditation. Das ist es was mich antreibt: den Gleichklang mit der Stadt zu finden, den perfekten Rhythmus", lässt sich Ly zitieren. Nochmal: Das steht auf den Web-Seiten eines Autobauer und nicht in Spoke oder einer anderen subkulturelen Fahrradzeitschrift.

So geht es munter weiter. Als nächstes kommt Valentin Manthei zu Wort, ein Langstreckenradler, der das BMW Trekkingbike propagiert.

Auch ein echter Sportler darf da nicht fehlen: Zdenek "Sam" Weis ist Autoentwickler bei BMW und fährt privat ein MTB - natürlich auch von BMW. Alles andere wäre dann doch zu revolutionär für einen Autobauer.

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