Sonntag, 5. Januar 2014

Süsse Verblendung: Was hat Lakritze von Haribo mit Fahrradfahren zu tun?

Wir sehen einen lachenden Jungen auf einem Fahrrad. Nach vorne gebeugt tritt er feste in die Pedale. Kein Zweifel: Der Junge hat Spaß. Er hat richtig Tempo drauf. Seine Basecap auf den schwarzen Haaren ist ein unverzichtbares Accessoire in seinem Alter und natürlich trägt er den Schirm nach hinten. Was sonst? Das ist hipp. Außerdem würde die Kappe bei dem Speed ja sonst vom Kopf wehen. (Verkehrs)politisch korrekt ist das natürlich nicht - so lustig, so schnell und so ohne Helm. Und überhaupt: Wo sind eigentlich die Eltern? Ein Skandal, wie hier die Firma Haribo für ihre Süssigkeiten wirbt.

Nein, nicht weil der Bengel auf dem Rad keinen Helm trägt. Viel schlimmer ist, dass dieses wunderbare Motiv rechts auf einer Haribo-Verpackung mit Lakritz-Schnecken prankt. Schnecken! S-c-h-n-e-c-k-e-n! Ausgerechnet Schnecken! Was, um Himmels willen, hat ein rasender BMX-Knirps mit quälend langsamen Schnecken zu tun? Ich frage mich, was da in den Bonner Haribo-Köpfen vor sich geht. Die schwarzen Lakritz-Stücke sind aufgedreht und haben wenig bis keine Ähnlichkeit mit einer Schnecke. Na ja, vielleicht sehen sie ein wenig so aus wie die Kuchen-Schnecken die man beim Bäcker kriegt. Offenbar soll das Schneckenhäuschen mit seiner gedrehten Optik Vorbild für die Lakritzteile sein. Also wirklich, ein gelungenes Produkt-Marketing sieht für mich anders aus.

Schnecken als Räder in einem Fahrrad zu verkaufen ist Volksverblödung. Besonders wenn der Artikel aussieht wie ein Reifen oder Rad. Warum nennt Haribo sein Traditionsprodukt nicht einfach "Haribo Lakritz-Räder" statt "Haribo Lakritz-Schnecken"? Ein Namens-, Patentschutz- oder sonstiges Copyright wird kaum auf dem Artikel liegen. Mir würden die Dinger dann noch besser schmecken. Ich esse diese Lakritze wirklich gerne - mal im Stück, noch lieber abgerollt nach und nach als langen Faden.  Dass das Zeug Erfolg hat, wundert nicht. Denn verschiede Spielarten es zu verspeisen, dürfte es bei Kindern beliebt machen. Außerdem liegt der Zuckeranteil bei den Lakritzschnecken bei rund der Häfte des gesamten Produkts. Auf 100 Gramm kommen "nur" rund 47 Gramm Zucker. Bei anderen Haribo-Produkten liegt der Zuckeranteil meistens viel höher. Ein gesunde Süssigkeit wird aus den Schnecken darum selbstverständlich noch lange nicht. Die Krönung bleibt aber der aberwitzige Name.

Ich muss jedes Mal lachen, wenn ich die schwarzen Schnecken in Gabel und Hinterbau rotieren sehe. Wissen die bei Haribo nicht, welche pädgogischen Folgen das haben kann? Was, wenn ein Bengel beim missglückten Sprung über den Bordstein sich eine veritable Acht ins Vorderrad fährt und anschließend versucht, die verbeulte Felge durch eine glitschige Nacktschnecke zu ersetzen, die er nach dem Sturz neben sich im Graben kriechen sieht? Hach, ich höre schon die Tierschützer jaulen: Quälerei! Unverantwortlich!

Da soll noch einer sagen "Haribo macht Kinder froh. Und Erwachsene eben so". Von wegen. Welches Kind will eine Schnecke als Vorderrad haben? Komisch, das noch niemand Haribo für diesen Blödsinn verklagt hat. Einen Fahrradlenker darf man ja schließlich auch nicht als italienische Bio-Spagetti verkaufen. Die Irrführung wirkt um so unverständlicher wenn man einen Blick auf andere Haribo-Süssigkeiten wirft. Absoluter Star im Sortiment sind die Goldbären. Auf der Tüte ist ein stattlicher Bär zu sehen - eher gelb statt gold, dafür aber mit einer roten Fliege. Verkaufsschlager Nummer zwei  "Colo-Rado" wirbt mit Bär und einem Cowboy - passend für ein Produkt namens Colorado. Es folgt Tropifruti und wir sehen einen exotischen Vogel mit riesigem Schnabel - geht klar. Phantasia zeigt Löwen und Krokodile - genau jene Tiere, die auch in der Tüte zu finden sind. Schwieriger wird es schon mit "Haribo Konfekt", bei dem ein Papagei auf der Tüte sitzt. Soll wohl heißen: Alles schön bunt hier. Und so geht es munter weiter: Ob Happy Cola, Schlümpfe oder Pico-Balla - die gewählten Motive sind halbwegs passend. Nur bei den Schnecken - immerhin auf Platz acht in der Käufergunst - liegen die Haribo-Kreativen voll daneben.

Aber wenigstens sind sie konsequent. Denn die erheblich später eingeführten Frucht-Schnecken ziert ebenfalls wieder ein fahrradfahrender Bursche die Tüte. Nur sind seine Räder nicht schwarz, sondern rot und grün - voll im Hippster-Singelspeed-Fixie-Trend also. Und was ist das? Wer genau hinsieht, entdeckt eine Veränderung der Kopfbedeckung. Obwohl der gleiche Junge hier in die Pedale tritt, trägt er keine coole Basecap. Nein, er trägt einen Helm. Jawohl, auf seiner Birne sitzt ein Kopfschutz, korrekt mit einem Riemen fixiert.

Soll doch keine sagen, die bei Haribo seien nicht lernfähig und gingen nicht mit der Zeit.

7 Kommentare:

  1. Was hast Du nur gegen HARIBO? Also ich mag die Lakritzschnecken. Als Räder wollte ich die aber trotzdem nicht haben, das holpert dann doch zu sehr. :-)

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  2. Hallo nobnob!
    Ich hab eigentlich nichts gegen Haribo. Und ich mag die Lakritzschnecken - hmmmmm. Aber ich finde die sollten so heißen, wie sie aussehen: wie Räder nämlich, auch wenn sie holpern...;-)

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  3. Auch wenn ich NICHT finde das es an Räder erinnert - meine sehen jedenfalls anders aus - international werden die Dinger als "licorice wheels" vermarktet.

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  4. @Radpropaganda: Danke für den Hinweis. Auch der Begriff "Haribo Rotella" taucht hin und wieder auf. Auch bei diesem Namen fragt sich, was das sein soll. Also, wenn Haribo clever ist, bringen die von den Lakritzschnecken eine XXXL-Variante in 20 Zoll oder gar 28 Zoll raus. Ich würde so ein Lakritz-Rad kaufen

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  5. So oder anders: Ich bin alt genug, als daß ich "meine" Lakritz-Schnecken weiter verspeisen werde, egal, wie gut oder schlecht das Marketing ist. Solange der Geschmack sich nicht verändert, haben die Dinger bei mir eh keine lange Lebensdauer - und die Tüten damit auch nicht ;-)

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  6. Weiterhin gut Appetit bxa. Geht mir ja auch so. Gerade lag so eine Schnecke bei einer Bürobesprechung verführerisch als Einzelstück in eine Minitüte eingeschweist in der Naschschale. Und schwups - schon hatte ich reflexhaft zugegriffen. Nichts zu machen.

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  7. Man beachte, das fruchtige Kerlchen trägt einen Zeitfahrhelm.

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